Lotte Cohn
- Born 20.8.1893 Charlottenburg, Brandenburg Province (German Reich) | Berlin-Charlottenburg, Germany
- Died 7.4.1983 Tel Aviv, Israel
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Birth Name
Charlotte Recha Cohn
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Parents
Bernhard Cohn
(1841–1901)
Cäcilie Cohn, geb. Sabersky (1854–1935)
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Siblings
Hans Cohn
(1872–1933)
Max Wilhelm David Cohn (1879–1937)
Emil Moses Cohn (1881–1948)
Hinde Helene Cohn (1882–1966)
Abraham Elias Cohn (1884–ca. 1910)
Rosa Lea Cohn (1890–1951)
- Profession Architect
Charlotte Recha Cohn, Lotte genannt, wurde am 20. August 1893 als Jüngste von sieben Kindern in Charlottenburg geboren. Ihre Eltern Bernhard und Cäcilie Cohn waren in den jüdischen Gemeinden in Steglitz und Charlottenburg aktiv. Nach einer antisemitischen Verleumdungskampagne Mitte der 1880er-Jahre gegen den Vater reflektierte dieser fortan auch in Artikeln über das angespannte Verhältnis von Juden und Nicht-Juden in Deutschland. 1896 wurde er auf Theodor Herzls Schrift „Der Judenstaat“ aufmerksam und fand einen Gesinnungsgenossen. Mit dem Publizisten Heinrich Loewe gründete Cohn die Berliner Ortsgruppe der Zionistischen Vereinigung für Deutschland. Nicht nur Vater Cohn engagierte sich dort bis zu seinem Tod 1901, sondern auch seine Kinder.
Im Alter von 16 Jahren entschied sich Lotte Cohn für ihren Beruf: „Es gab in unserer Schule ein nicht obligatorisches Lehrfach: geometrisches Zeichnen […] Diese junge Lehrerin hatte mich gern […] sie war die erste, mit der ich mich darüber aussprach, daß ich vorhatte, Architektin zu studieren. Und auch warum ich das wollte – nämlich um in Palästina das jüdische Land aufbauen zu helfen.“ [Sonder (2010), S. 29f.] Also immatrikulierte sie sich am 2. April 1912 als einzige Frau an der Architekturfakultät der Technischen Hochschule Charlottenburg, wo sie im April 1914 das Vordiplom sowie am 8. Dezember 1916 die Diplom-Hauptprüfung bestand. Damit war sie die dritte Absolventin im Fachbereich Architektur nach Elisabeth von Knobelsdorff und Marie Frommer.
Während die meisten ihrer männlichen Kollegen zum Kriegsdienst eingezogen wurden, sammelten Architektinnen in den Militärbauverwaltungen und den Kreisbauämtern zum Wiederaufbau der Provinz Ostpreußen praktische Erfahrungen. Cohn kam Anfang März 1917 in die ostpreußische Kreisstadt Pillkallen, um im Wiederaufbaubüro von Karl Schmidt zu arbeiten. Für die folgenden zwei Jahre war sie dann noch für die Kreisbauberatungsstellen der Landkreise Tilsit und Gumbinnen tätig. Sie und ihre Kolleginnen Margarete Wettke, Annemarie von Braunschweig und Gertrud Ferchland arbeiteten Entwürfe aus und hatten die Bauleitung mehrerer Projekte im Landkreis Gumbinnen inne.
Nach 15 Monaten kehrte Cohn nach Berlin zurück und ließ sich Ende des gleichen Jahres im „Verzeichnis derjenigen Ingenieure, welche bereit sind, nach Palästina zu gehen“, der Zionist Commission, listen. Sie war die einzige Frau neben den Architekten Alex Baerwald, Siegfried Weitzmann, Richard Michel, Richard Kauffmann, Arthur Korn, Erich Mendelsohn, Elias Schein, Alexander Levy, Kurt Pick, Michael Hack und Alfred Kray.
Nach Richard Kauffmanns Berufung zum leitenden Stadt- und Siedlungsplaner der Palestine Land Development Company (PLDC) wurde ihm Cohn durch den Ingenieur Wilhelm Hecker als Mitarbeiterin empfohlen. Sie erhielt ein Angebot und wanderte mit ihrer Schwester Helene mit der Dritten Alija [Einwanderung ins britische Mandatsgebiet Palästina, wörtlich: Aufstieg] ein. Bruder Max folgte mit Familie 1923, Mutter Cäcilie 1932 und Schwester Rosa war bereits seit 1920 im Land. Die drei Schwestern verwirklichten ihre beruflichen Vorstellungen in Jerusalem: Helene arbeitete zunächst als Laborantin im Rothschild-Hadassa-Hospital und eröffnete dann in den 1930er-Jahren eine Pension. Rosa war als Sekretärin für den Jüdischen Nationalfonds tätig und Lotte trat 1921 ihre Assistenzstelle bei Richard Kaufmann an.
Ein knappes Jahrzehnt lebte und arbeitete Lotte Cohn dann in Jerusalem bis das Amt für Architektur und Städtebau der PLDC (1927) und ihre darauffolgende Anstellung beim Public Works Department der britischen Mandatsregierung (1929) aufgelöst wurde. Aufgrund der sich verschärfenden Wirtschaftskrise und vermehrter Aufstände dachte Cohn auch über die Rückkehr in die Heimat nach. Im Sommer 1929 ging sie nach Berlin, arbeitete kurzzeitig für das Büro Korn & Weitzmann und kam im Oktober 1930 zurück. Fortan war sie bis 1967 als selbstständige Architektin tätig. Zu ihren ersten Aufträgen zählte der Bau der Pension Käthe Dan in Tel Aviv, wohin sie auch umzog.
Wenngleich sich ihr und weiteren Architektinnen vielfältige Möglichkeiten offenbarten, insbesondere in Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Auftraggebern, musste sich auch Cohn mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen auseinandersetzen. Daher entschied sie sich im Frühjahr 1932 für eine berufliche Partnerschaft mit dem Bauingenieur Josef Mahrer, die elf Jahre währte, sowie später mit dem Architekten Yehuda Lavie (1953–67).
Mit der Fünften Alija kamen zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 250.000 Menschen nach Palästina. Das bedingte einen bis dahin ungekannten wirtschaftlichen Aufschwung und Bauboom, von dem auch ihr Büro profitierte. In den folgenden 35 Jahren projektierte Cohn Büro-, Gemeinschafts-, Wohn- und Siedlungsbauten, diverse Altenheime sowie Stadtviertel in Holon und Tel Aviv. Weiterhin beteiligte sie sich an Wettbewerben, wie dem zur Gestaltung des Platzes der Könige Israels in Tel Aviv, und war in der von ihr mitgegründeten Architektenvereinigung Association of Architects in Palestine engagiert.
Und sie schrieb viel: Neben dienstlichen und privaten Korrespondenten, Artikeln, Briefen an Freunde und Bekannte, brachte sie auch ihre Erinnerungen zu Papier. Diese erschienen 1965/66 unter dem Titel „Die zwanziger Jahre in Erez Israel. Ein Bilderbuch ohne Bilder“. Am 7. April 1983 verstarb Lotte Cohn in Tel Aviv. [AHo, 2021]
- Literature:
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· Ines Sonder (2010): Lotte Cohn – Baumeisterin des Landes Israel. Eine Biographie, Berlin, Suhrkamp Verlag.
· Ines Sonder (2017): Lotte Cohn. Eine schreibende Architektin in Israel, Bd. 1: Ausgewählte Schriften 1934–1982, Berlin, Neofelis Verlag.